EuGH-Gutachten: Deutsche Bahn darf Lastschriftverfahren nicht an deutschen Wohnsitz knüpfen

Die Deutsche Bahn bietet ihren Kunden die Möglichkeit, Fahrkarten per SEPA-Lastschrift zu bezahlen. Dafür müssen sie jedoch einen Wohnsitz in Deutschland haben. Gegen diese Praxis wehrte sich ein österreichischer Verbraucherschutzverein, der „Verein für Konsumenteninformation“, da auch österreichische Kunden im Internet Bahntickets der Deutschen Bahn erwerben, aber nicht per SEPA-Lastschrift bezahlen können. Der Verein sah darin einen Verstoß gegen die SEPA-Verordnung Nr. 260/2012 und klagte vor österreichischen Gerichten.
Die Beklagte führte unter anderem aus, dass die Zahlung per SEPA-Lastschrift für sie aus wirtschaftlichen Gründen nur innerhalb Deutschlands praktikabel sei. Denn Bonitätsprüfungen können stets nur innerstaatlich durchgeführt werden, und in einigen EU-Mitgliedstaaten sei es sehr aufwendig oder sogar unmöglich, Bonitätsauskünfte über die Bezahler zu erhalten. Der zu erwartende hohe Zahlungsausfall mache die EU-weite Akzeptanz des Verfahrens unwirtschaftlich.
Der Oberste Gerichtshof Österreichs als Revisionsinstanz legte dem EuGH die Frage zur Entscheidung vor, ob die Deutsche Bahn nur solchen Kunden die Teilnahme am SEPA-Lastschriftverfahren erlauben darf, die einen Wohnsitz in Deutschland unterhalten.
Generalanwalt sieht Diskriminierung und Verstoß gegen die SEPA-Verordnung
Generalanwalt Maciej Szpunar stellte am 02.05.2019 seine Schlussanträge in dem Verfahren vor dem EuGH zu Az. C-28/18. Seine Empfehlung lautet, der Beklagten zu untersagen, die SEPA-Zahlung nur solchen Personen anzubieten, die ihren Wohnsitz in dem Staat haben, in dem auch der Zahlungsempfänger sitzt.
Nach Ansicht des Generalanwalts läuft die Zahlungspraxis der Deutschen Bahn der SEPA-Verordnung zuwider, denn diese verbietet es dem Empfänger einer Zahlung vorzuschreiben, in welchem Staat der Bezahler sein Konto zu führen hat.
Die Deutsche Bahn verlangt zwar nicht explizit, dass Kunden für das SEPA-Verfahren ein Konto bei einer deutschen Bank unterhalten müssen. Da aber im Regelfall jeder sein Bankkonto in dem Staat hat, in dem sein Wohnsitz liegt, führe die Wohnsitzvorgabe de facto zu einer Vorgabe der Bankverbindung. Dadurch seien Menschen mit Auslandskonto in einer Weise diskriminiert, die dem Zweck der SEPA-Verordnung widerspricht.
Schließlich führte der Generalanwalt aus, dass die wirtschaftliche Argumentation der Beklagten wegen der schwierigen Bonitätsprüfungen in manchen Mitgliedsstaaten verständlich sei. Allerdings stehe es der Deutschen Bahn frei, das SEPA-Lastschriftverfahren überhaupt nicht anzubieten. Art. 9 Abs. 2 der Verordnung lasse jedem Zahlungsempfänger die Wahl, ob er Zahlungen mittels Lastschrift annehmen möchte oder nicht. Wer sich aber dafür entscheide, müsse einen Ablauf ohne Diskriminierungen sicherstellen.
Die Entscheidung des EuGH steht in den nächsten Monaten an.