Ein Kieler Arzt hatte zum Jahresende 2017 auf einem Ärztebewertungsportal 60 positive Patientenbewertungen mit der Gesamtnote 1,5. Er war Abonnent des kostenpflichtigen Pakets „Premium Gold“, das ihm eine individuelle Ausgestaltung seines Profils erlaubte. Im Januar 2018 kündigte er sein Premium-Paket zum Ablauf des Jahres, und das Portal löschte kurz darauf zehn der positiven Einträge, sodass der Arzt nur noch die Note 1,6 aus 51 eingestellten Bewertungen erhielt.
Der Arzt ließ den Portalbetreiber zunächst anwaltlich auffordern, die gelöschten Einträge wieder zu veröffentlichen, was dieser ablehnte. Daraufhin klagte er vor dem Landgericht München auf erneute Veröffentlichung der gelöschten Bewertungen sowie Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten. Die Beklagte trug vor, dass sie die Löschung aufgrund von Auffälligkeiten im Rahmen einer Validitätsprüfung vorgenommen habe und keinerlei Zusammenhang mit der Kündigung des Premium-Paktes bestehe. Die Kammer wies mit Urteil vom 16.04.2019 die Klage ab (Az.: 33 O 6880/18).
Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
Nach Auffassung des Gerichts lag in der Löschung positiver Bewertungen zwar ein Eingriff in das Recht des Klägers an seinem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Denn dieses Recht steht auch Freiberuflern zu, und der Kläger war als deutschlandweit frequentierter Spezialist in hohem Maße auf die Erfahrungsberichte zufriedener Patienten in dem Online-Portal angewiesen. Der Eingriff war jedoch von geringer Intensität, da die Gesamtnote des Klägers nur minimal gesunken war. Außerdem hatte die Beklagte die Löschung nach Auffassung der Kammer nicht willkürlich vorgenommen, sondern einen lernfähigen Prüfalgorithmus eingesetzt und dessen Ergebnisse von Mitarbeitern kontrollieren lassen. Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Kündigung des kostenpflichtigen Pakets und der Löschung reichte dem Gericht allein nicht aus, um einen Sanktionscharakter zu erkennen. Auch die sonstigen Umstände ließen die Kammer nicht annehmen, dass sich die Löschung gezielt gegen den Kläger gerichtet und nicht der Qualitätskontrolle des Portalbetreibers gedient habe.
Der Bewertete ist darlegungs- und beweispflichtig
Außerdem hätte der Kläger darlegen und beweisen müssen, dass es sich bei den positiven Äußerungen über seine Behandlung um echte und wahrheitsgemäße Patientenerfahrungen handelte. Denn das Gericht wandte die vom BGH aufgestellten Grundsätze über negative Online-Bewertungen auf den vorliegenden Fall entsprechend an. Danach muss der Bewertete eine konkrete Rechtsverletzung rügen und alle erheblichen Tatsachen vortragen, damit sich eine Prüfpflicht des Betreibers ergibt. Der Kläger behauptete schlicht, er könne zu den einzelnen Umständen nichts mehr ausführen. Es wäre ihm jedoch möglich gewesen, die Verfasser der streitgegenständlichen Bewertungen zu ermitteln oder zumindest deren Kreis einzugrenzen und substanziiert zu den geschilderten Behandlungserfolgen vorzutragen.