Bundesverfassungsgericht stärkt Meinungsfreiheit bei Online-Bewertungen

Dass Bürger sich im Internet gegenüber Dienstleistern und Onlineshops negativ äußern dürfen, wenn es sich um wahre Tatsachen handelt, ist unstreitig. Das Bundesverfassungsgericht hat nun auch die Meinungsfreiheit vor den Schutz des Persönlichkeitsrechts gestellt, wenn ein Firmeninhaber sich mit einer schlechten Bewertung an die Netzgemeinde wendet. Wichtiger denn je ist die Verhältnismäßigkeit des verletzten Schutzrechts.

Geklagt hatte der Inhaber einer Werkstatt, der seine Räumlichkeiten von einer Immobilienfirma gemietet hat. Die fällige Rückzahlung der Kaution zahlte die Immobilienfirma erst als bereits die Zwangsvollstreckung drohte.

Nach drei Jahren gab der Inhaber der ehemals gemieteten Werkstatt eine negative Bewertung zu Ungunsten des Vermieters im weltweiten Netz ab. Die Online-Bewertung enthielt neben einer Schilderung der Rechtsstreitigkeit das folgende Zitat: „Mit Herrn X werde ich bestimmt keine Geschäfte mehr machen.“ Diese Äußerung nahm der Vermieter als Anlass für eine Unterlassungsklage, die die Hamburger Gerichte als rechtmäßig ansahen. 

Die Richter des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe hoben die Entscheidung der Hamburger Gerichtsbarkeit auf. Nach Ansicht der obersten Verfassungsrichter seien Tragweite und Bedeutung des Rechts auf freie Meinungsäußerung von ihren Hamburger Kollegen nicht hinreichend gewürdigt worden. Betroffene, denen gegenüber negative Äußerungen getätigt würden, müssten diese Behauptungen innerhalb ihrer Sozialsphäre grundsätzlich hinnehmen, solange es sich bei den Bewertungen um wahre Tatsachen handele. Bei der Abwägung zwischen dem Schutz der freien Meinungsäußerung und den Persönlichkeitsschutzrechten, sei die Schwelle zu unrechtmäßigen Aussagen erst überschritten, wenn ein Schaden „außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht“. 

Im vorliegenden Fall sahen die Richter des Bundesverfassungsgerichts keine Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßig hohen Verlust sozialer Achtung seitens des Vermieters durch die Veröffentlichung der wahren Tatsachen. Zudem unterstrich das Gericht die Zulässigkeit der rechtskonformen Meinungsäußerung nach einem Zeitraum von drei Jahren. Demnach dürfe der klagenden Werkstattinhaber nicht unverhältnismäßig in seiner Meinungsfreiheit eingeschränkt werden, wenn er seine erlebten und unstreitig wahren Tatsachen erst nach diesem längeren Zeitraum in der Cyber-Welt veröffentliche.

Die Vorinstanzen müssten die Hintergründe des Falles nunmehr unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit zwischen dem Schutz der freien Meinung und des Persönlichkeitsschutzes bewerten. In der Folge wiesen die Richter des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe den Fall zur Entscheidung an die Hamburger Gerichtsbarkeit zurück. Damit stärkten die Karlsruher Verfassungsrichter nun auch Internet-Bewertungen, die von Firmeninhabern und nicht von privaten Kunden geäußert werden.