Jeder Bürger kann sich journalistisch betätigen 

Im vorliegenden Fall hatte die Österreichische Datenschutzbehörde darüber zu entscheiden, wie weit das Medienprivileg (Art 85 DSGVO, § 9 DSG) für Journalisten und Blogger auszulegen ist.

Gemeinsam mit der Datenschutzgrundverordnung ist am 25.05.2018 auch das Medienprivileg in Kraft getreten. Mit diesem Gesetz sind viele strenge Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung für Journalisten, Medienunternehmen und Mediendienste ausgenommen. Der Nutzer einer Onlineplattform hatte Beschwerde bei der Österreichischen Datenschutzbehörde eingelegt. Auf besagter Onlineplattform können die Nutzer redaktionell verfasste Artikel mit einer entsprechenden Funktion kommentieren. Diese Kommentare sind auch für andere Nutzer sichtbar. 

Nach dem Verfassen einiger Kommentare hatte der Beschwerdeführer es sich offenbar anders überlegt und forderte den Betreiber der Onlineplattform dazu auf, seine Kommentare zu löschen. Eine Reaktion auf sein Anliegen blieb jedoch aus. Die streitgegenständlichen Kommentare konnten von den anderen Nutzern weiterhin gelesen werden. Die Österreichische Datenschutzbehörde wies die Beschwerde des Nutzers zurück und führte als Grund das Medienprivileg als Teil des österreichischen Datenschutzgesetzes an. Die von dem Beschwerdeführer begehrte Löschung der Onlinekommentare fällt unter die sogenannten Betroffenenrechte, die wiederum nicht in den Anordnungs- und Sanktionsbereich der Datenschutzgrundverordnung fallen.

Unzuständig wegen Betroffenenrechten und Bürgerjournalismus

Mit dieser Entscheidung hat die Datenschutzbehörde das Medienprivileg weit ausgelegt und auch den sogenannten „Bürgerjournalismus“ einbezogen. Unter diesen Begriff fallen Diskussionen in Internetforen und sozialen Netzwerken, an denen sich normale Nutzer außerhalb des Journalismus in Form von Nutzerkommentaren und Beiträgen beteiligen. Die Idee dahinter ist, Meinungen, Ideen und Informationen mit der Öffentlichkeit zu teilen (Erwägungsgrund 153). Damit richten sich diese Beiträge an einen nicht näher bestimmten Empfängerkreis. Da die streitgegenständlichen Kommentare des Beschwerdeführers in Form von Bürgerjournalismus unter das Medienprivileg fallen, erklärte sich die Datenschutzbehörde für die eingelegte Beschwerde nicht zuständig.

Die Datenschutzbehörde zeigt an, dass sie nicht an dem Begriff „Medienprivileg“ im engsten Sinne des Wortes „klebt“, sondern diesen bewusst weit auslegt, um die Lebenswirklichkeit auch im Internet abzubilden. Es kommt nicht alleine auf den Verarbeitungszweck an und darauf, wer die entsprechenden Beiträge verarbeitet, sondern alleine auf eine journalistische Betätigung. Die vorliegende Entscheidung macht deutlich, dass sich nicht alleine Medienunternehmen sondern auch ganz normale Bürger journalistisch betätigen können. Vor Einführung der Datenschutzgrundverordnung galt die „alte“ Datenschutzverordnung, die das Medienprivileg gleichfalls auf alle Vertreter aus dem journalistischen Bereich anwendete. Den sogenannten Bürgerjournalismus und die damit sehr weite Auslegung dieses Gesetzes war jedoch nicht bekannt. Onlinedienste, Blogger und freie journalistische Publikationen fielen nicht unter das Medienprivileg.

Uneinigkeit hinsichtlich der Gesetzeslage

Kritiker bemängelten, dass dieses Gesetz der Lebenswirklichkeit der Datenverarbeitung zu journalistischen Zwecken zuwiderlief. Kurz vor Einführung der Datenschutzgrundverordnung wurde daher eine Anpassung vorgenommen und die Einschränkung auf Mediendienste und Medienunternehmen weitgehend fallengelassen. Mit Inkrafttreten der DSGVO fand diese Einschränkung jedoch erneut Eingang in die Gesetzestexte. Mit der vorliegenden Entscheidung hat die Datenschutzbehörde nach diesem Hin und Her diese Einschränkung jedoch erneut gekippt.