OLG Karlsruhe: Apothekenautomat widerspricht dem deutschen Wettbewerbs- und Apothekenrecht

Eine niederländische Online-Versandapotheke richtete in der Ortschaft Hüffenhardt eine Abgabestelle für apotheken- und rezeptpflichtige Medikamente ein. Kunden konnten an einem Terminal ihr Rezept einscannen und sich auf Wunsch über Video pharmazeutisch beraten lassen. Nach Prüfung des Rezepts veranlasste der aus den Niederlanden zugeschaltete Apotheker die Warenausgabe auf ein Förderband, und der Kunde erhielt nach Bezahlung sein Medikament.

Mehrere Inhaber von im Umkreis ansässigen Apotheken und einer Versandapotheke sowie der Landesapothekerverband Baden-Württemberg erhoben vor dem Landgericht Mosbach Unterlassungsklage gegen die Betreiberin des Apothekenautomaten und die Mieterin der Räumlichkeit, die keine Apothekenbetriebserlaubnis besaß. Die Betreiberin beruft sich auf ihre Lizenz für den Arzneimittelversand und ist der Ansicht, dass ihre Praktik den Vorgaben für den Versandhandel entspricht. Das Landgericht gab der Klage statt, nunmehr bestätigte das OLG Karlsruhe die erstinstanzliche Entscheidung und nahm einen Unterlassungsanspruch aus § 8 I UWG an (Urteil vom 29.5.2019, Az.: 6 U 36/18).

Vorgaben des Apothekengesetzes sind Marktverhaltensregeln

Das Berufungsgericht sieht in der Abgabe auch der nicht verschreibungspflichtigen Medikamente mehrere Verstöße gegen das deutsche Apothekengesetz (ApoG) und die auf dessen Grundlage erlassene Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO). Denn der Apothekenbetrieb erfordert eine Erlaubnis nicht nur für den Apotheker, sondern gilt auch nur für die in der Urkunde bezeichneten Räumlichkeiten (§ 1 III ApoG). Diese müssten einer behördlichen Kontrolle zugänglich sein, damit eine ordnungsgemäße Lagerung sichergestellt werden könne. Vorliegend bestand jedoch keine Apothekenbetriebserlaubnis für die Räume.

Weiterhin sei bei der Abgabe durch den Automaten nicht sichergestellt, dass die vorgeschriebenen Dokumentationspflichten aus § 17 V S. 1 ApBetrO eingehalten würden. Denn bei rezeptpflichtigen Medikamenten müsse jede Abweichung unverzüglich auf dem Rezept notiert und abgezeichnet werden. Die Rezepte aus dem Automaten gelangten jedoch erst mit Verzögerung zur Betreiberin in den Niederlanden. Nach Ansicht des Gerichts liegt kein Versandhandel vor, wenn die Kunden die Medikamente selbst an dem Ort abholen, an dem sie lagern. Versand setze eine zeitlich vorangehende Bestellung und eine anschließende Verschickung voraus. Die genannten Bestimmungen des Apothekenrechts dienten zwar in erster Linie dem Gesundheitsschutz der Verbraucher, wirkten sich aber auch unmittelbar auf den Wettbewerb zwischen Apotheken aus. Daher handele es sich um Markverhaltensregeln, aus deren Verletzung Konkurrenten Unterlassungsansprüche herleiten könnten.
Gegen das Urteil hat das OLG die Revision zum BGH nicht zugelassen, es besteht aber die Möglichkeit, dass die Beklagten im Wege einer Nichtzulassungsbeschwerde dagegen vorgehen.