LG Hamburg: Urheberrechtsstreit um Pippi-Langstrumpf-Lied

Das Landgericht Hamburg beschäftigt sich zurzeit mit einem Urheberrechtsstreit zwischen den Erben Astrid Lindgrens und einem deutschen Musikverlag über den Text des Pippi-Langstrumpf-Liedes in der deutschen Version (Az. 308 O 431/17). Nicht zum ersten Mal wird der Kinderbuchliebling vor deutschen Gerichten thematisiert, über die rote Zopfperücke urteilte sogar schon der BGH.

1945 erschien das Kinderbuch im schwedischen Original, für das die Autorin den Liedtext „Här kommer Pippi Långstrump“ gedichtet hatte. Für die 1969 ausgestrahlte schwedisch-deutsche Fernsehproduktion schrieb Wolfgang Franke das Lied: „Hey Pippi Langstrumpf“ mit den berühmten Passagen: „Ich mach mir die Welt widdewidde wie sie mir gefällt“ und „3 mal 3 macht 6“. Lindgren hatte der Nutzung im Film zugestimmt. Die Erben der Autorin versuchten seit 2014 mit Autor Franke, später mit seiner Witwe und der Filmkunst-Musikverlags- und Produktionsgesellschaft über eine Beteiligung an den Einnahmen zu verhandeln, soweit das Lied außerhalb des Films verbreitet wird. Inzwischen klagten sie vor dem Landgericht Hamburg auf Auskunfterteilung über die mit dem Lied erzielten Einnahmen und auf Unterlassung.

Schöpferischer Eigengehalt und Schutz für Kunstfiguren

Der Bevollmächtigte der Erbengemeinschaft sieht in der Nutzung des Liedes eine Urheberrechtsverletzung, da sich die deutsche Textfassung eindeutig an der schwedischen Vorlage orientiere. Insbesondere die Rechenschwäche und die grundlegende Weltanschauung Pippi Langstrumpfs seien typische Elemente der von Lindgren erschaffenen Figur. Die Beklagten betrachten den deutschen Liedtext dagegen als eine eigene Schöpfung, die als unabhängige Bearbeitung zu werten sei. Franke habe nur die Grundzüge der Figur verwendet, aber eine große schöpferische Eigenleistung erbracht und sogar Neuerfindungen kreiert. So sei etwa die Villa Kunterbunt im Originaltext gar nicht vorhanden, Frankes Text erwähne aber das „kunterbunte Haus“.

Pippi Langstrumpf genießt Charakterschutz

Im Rahmen einer Anhörung gab das Gericht seine Einschätzung vorab bekannt: Zwar erkenne es an, dass der Texter eine erhebliche schöpferische Eigenleistung erbracht habe. Möglicherweise überlagere auch der deutsche Text das schwedische Original derart, dass der Originaltext dahinter „verblasse“. Vorliegend sei die Eigenleistung jedoch nicht das entscheidende Kriterium. Vielmehr sei Pippi Langstrumpf eine literarische Figur, die Charakterschutz genieße. Da der Liedtext ihre urtypischen Elemente, wie Haus, Äffchen, Pferd und ihre Rechenschwäche erwähne, komme eine Urheberrechtsverletzung durchaus in Betracht.

Das Urteil wird voraussichtlich im schriftlichen Verfahren ergehen. Es steht nicht zu erwarten, dass die Parteien es zu einem Verbot der Liednutzung kommen lassen werden. Ihnen ist vielmehr daran gelegen, eine Regelung über eine angemessene finanzielle Beteiligung zu finden.