BAG: Überwachungsprotokolle nur bei erheblichen Pflichtverstößen von Arbeitnehmern verwertbar

Menschen während ihrer Arbeit mit technischen Hilfsmitteln so zu kontrollieren, dass ihre Handlungen in einem Protokoll aufgezeichnet und später gegen den Betroffenen verwendet werden können, ist in Deutschland verboten. Auch am Arbeitsplatz ist eine solche Kontrolle grundsätzlich ein Eingriff in die grundrechtlich geschützte Persönlichkeitssphäre des Einzelnen. In Ausnahmefällen kann eine zeitlich begrenzte, zielgerichtete Überwachung dann zulässig sein, wenn der Arbeitgeber einem konkreten Verdacht nachgeht, dass der Arbeitnehmer gegen seine Pflichten oder gegen das Gesetz verstößt. 
Überwachung nur teilweise angekündigt

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hatte nun in einem Kündigungsschutzverfahren darüber zu entscheiden, ob ein Arbeitnehmer aufgrund der Tatsache, dass er während seiner Arbeitszeit am PC des Arbeitgebers Dinge tat, die nicht zu seinen Arbeitsaufgaben als Web-Entwickler gehörten, gekündigt werden konnte. Der Arbeitgeber hatte einen Keylogger installiert, um die Eingabetätigkeit am Computer kontrollieren zu können. Darüber hatte er den Arbeitnehmer informiert, ihm allerdings nur mitgeteilt, dass Internetaktivitäten zur Vermeidung von strafbaren Handlungen kontrolliert werden sollten. Dass jede Tastenbewegung aufgezeichnet werden würde, behielt der Arbeitgeber für sich. Es stellte sich heraus, dass der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit ein Computerspiel programmierte und zeitweise Erledigungen für die Firma seines Vaters durchführte. Gesetzesverstöße wurden dadurch nicht bewirkt.

Verdacht privater Computernutzung nicht erheblich genug

Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis unter Hinweis auf die bewiesenen, nicht erlaubten Nebentätigkeiten, die der Arbeitnehmer auch zugab. Der Arbeitnehmer wehrte sich gegen die Kündigung. Seiner Ansicht nach könnten die Ergebnisse der nicht in vollem Umfang vorher angekündigten Keylogg-Kontrolle nicht als Kündigungsgrund verwertet werden. Außerdem wies er darauf hin, dass seine Nebentätigkeiten nur wenig Zeit in Anspruch genommen hätten und er häufig die Pausenzeit genutzt hätte. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das als Berufungsgericht angerufene Landesarbeitsgericht gaben der Kündigungsschutzklage statt. Das Bundesarbeitsgericht verkündete am 27.07.2017 zum Aktenzeichen 2 AZR 681/16 seine Entscheidung in der Revisionsinstanz.

Abmahnung hätte gereicht

Auch die Erfurter Arbeitsrichter gaben der Klage statt und erklärten die Kündigung für unwirksam. Alle Instanzen wiesen darauf hin, dass die Privataktivitäten, die der Kläger während der Arbeitszeit entfaltet hatte, einen Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten darstellen könnten. Ein solcher Pflichtverstoß habe den Arbeitgeber jedoch nicht zur sofortigen Kündigung berechtigt. Das Erteilen einer Abmahnung wäre zunächst die angemessene Reaktion gewesen.
Die Ergebnisse einer nicht vollständig angekündigten, digitalen Kontrollmaßnahme wären nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nur dann verwertbar gewesen, wenn der konkrete Verdacht einer schwerwiegenden Fehlhandlung Anlass für die Installation des Keyloggers gewesen wäre. Die allgemeine Vermutung von Privataktivitäten der Mitarbeiter reicht nicht aus. Die Entscheidung betrifft erstmalig Kontrollvorrichtungen, die keine Videoaufnahmen liefern und ist deshalb richtungsweisend.