Plattformbetreiber, die Arztkritik anderer ändern, sind selbst verantwortlich

Arztbewertungen im Internet können Patienten dabei helfen, den richtigen Mediziner für ihr gesundheitliches Problem zu finden. Negative Arztbewertungen können dem Ansehen eines Arztes nachhaltig schaden und seine Karriere zum Stillstand bringen. Neben sachlich begründeter Kritik, die den Leser vor Schaden bewahren soll, gibt es auf Bewertungsplattformen leider auch immer wieder unangebrachte oder sogar schmähende Kritik an ärztlichen Leistungen. Solche ungerechtfertigten Äußerungen stellen einen unrechtmäßigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Arztes und in die Ausübung seiner gewerblichen Tätigkeit dar.

Betroffene Ärzte können, wenn sich herausstellt, dass die Kritik tatsächlich nicht begründet ist, verlangen, dass der Betreiber der Bewertungsplattform diese Bewertung löscht. Der Bundesgerichtshof hat am 4. April 2017 unter dem Aktenzeichen VI ZR 123/16 ein Urteil verkündet, das für Plattformbetreiber und für die Zielpersonen ungerechtfertigter Kritik wichtig ist.

Wer ändert statt zu löschen, übernimmt inhaltliche Verantwortung

Die Klägerin betreibt Kliniken und fühlte sich durch einen auf der vom Beklagten angebotenen Plattform veröffentlichen, kritischen Bericht in ihren Rechten beeinträchtigt. Darüber hatte sie den Beklagten zuvor informiert und ihm mitgeteilt, dass die Kritik sachlich unzutreffend sei. Der bewertende Patient hatte angegeben, nach einer Standardoperation an der Nasenscheidewand eine lebensbedrohliche Sepsis erlitten zu haben. Tatsächlich hatte der Patient die beschriebene Sepsis aber erst erlitten, nachdem er aus der Klinik der Klägerin in ein anderes Krankenhaus verlegt worden war. Der Beklagte reagierte, indem er zwei kleinere Textänderungen vornahm, die negative Bewertung jedoch nicht entfernte. Er beriet sich dabei nicht mit dem Verfasser der Bewertung.

Die Klägerin nahm nun den Beklagten als alleinigen Störer in Anspruch und erhob Klage vor dem Landgericht Frankfurt am Main. Das Landgericht gab der Klage statt. Die Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main wurde abgewiesen. Die Richter am Bundesgerichtshof entschieden nun in der Revisionsinstanz, dass der Beklagte zur Unterlassung verpflichtet sei und einen der Klägerin entstandenen Schaden zu ersetzen habe. Dadurch, dass der Beklagte eigenmächtig Änderungen an dem von einem Dritten auf seiner Plattform veröffentlichten Bewertungstext vorgenommen hat, hat er denn nach der Änderung wieder veröffentlichten Inhalt zu einer eigenen Äußerung gemacht.

Der Plattformbetreiber wusste, dass die bewertete Klinik den Inhalt des Bewertungstextes als falsch zurückgewiesen hat. Er nahm den Text daraufhin nicht nur zur Kenntnis, sondern er bearbeitete ihn sogar noch. Damit hat er nicht nur die Gelegenheit, den Text zu entfernen, ausgelassen, sondern den Text ausdrücklich in eigener Verantwortung wieder eingestellt. Ihn trifft deshalb die volle Haftung für Verletzungen von Persönlichkeitsrechten oder Rechten am Gewerbebetrieb, die von der Klägerin geltend gemacht werden.