BGH: Kein Ersatz immaterieller Schäden aus Datenschutzregelungen im Falle einzelner Gutachten

Laut dem BGH besteht aufgrund deutscher und europäischer Datenschutzbestimmungen kein Anspruch auf Ersatz immaterieller Schäden bei Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, wenn es sich bei dem rechtsverletzenden Dokument um ein einzelnes Gutachten handelt, das nicht nach bestimmten Kriterien strukturiert ist (Urteil vom 29. November 2016 – VI ZR 530/15). Ferner stellten die Richter in diesem Zusammenhang fest, dass ein solcher Anspruch nicht vererbbar wäre.

Geklagt hatte die Tochter einer Erblasserin, bezüglich derer die gesetzliche Krankenkasse in einem Streit um die Übernahme medizinischer Behandlungskosten ein sozialmedizinisches Bewertungsgutachten hatte erstellen lassen. Da dieses Gutachten im Ergebnis für die Krankenkasse günstig ausfiel, verwendete sie es ebenfalls in andere Patienten betreffenden sozialgerichtlichen Verfahren. Dabei schwärzte die Krankenkasse persönliche Daten nur ungenügend, sodass neben der Krankengeschichte auch der Name der Betroffenen noch zu erkennen war. Die Klägerin berief sich auf die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ihrer Mutter und forderte als Alleinerbin einen dieser zustehenden Ersatz immaterieller Schäden.

Wie bereits die Vorinstanzen wiesen die BGH-Richter diesen Anspruch jedoch ab. Aufgrund des höchstpersönlichen Charakters der Genugtuungsfunktion einer Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei bereits ein vererbbarer Anspruch zu verneinen.

Einen immateriellen Schadenersatz wegen unzulässiger Verarbeitung personenbezogener Daten aufgrund des Bundesdatenschutzgesetzes schlossen die Richter aus, da dieses nach dem Willen des Gesetzgebers nur materiellen Schadenersatz gewähre. Etwas anderes gelte auch nicht unter richtlinienkonformer Auslegung gemäß der einschlägigen europäischen Datenschutzrichtlinie 95/46/EG. Deren Anwendungsbereich sei vorliegend schon nicht eröffnet, da es sich bei dem Gutachten nicht um eine „Datei“ im Sinne der Richtlinie handele.

Hiervon begrifflich ausgeschlossen seien Akten, die nicht nach bestimmten Kriterien strukturiert seien. Das Gutachten sei ein Freitext, der zwar personenbezogene Daten enthalte, diese seien jedoch nicht so strukturiert, dass sie sich methodisch erschließen und verarbeiten ließen. Um diese Daten zu ermitteln, sei vielmehr ein Durchlesen des fortlaufenden Textes des Gutachtens erforderlich, so der BGH.