OLG Hamburg: Youtube trifft bei Urheberrechtsverletzungen Störerhaftung, aber keine Pflicht zu Ausgleichzahlungen

Wie das Oberlandesgericht Hamburg in zwei Verfahren (5 U 87/12 und 5 U 175/10) durch Urteile vom 1. Juli 2015 bestätigte, trifft Youtube bei Urheberrechtsverletzungen als Störer eine weit gehende Prüfungs- und Unterlassungspflicht.

Damit geht der jahrelange Streit zwischen der Verwertungsgesellschaft GEMA und der Google-Tochter in die nächste Runde. Kernpunkt ist die Forderung der GEMA nach Lizenzgebühren für die auf Youtube gespielten Videos ihrer Mitglieder. Demgegenüber ist der Internet-Riese lediglich zu einer Beteiligung an den Werbeeinnahmen bereit. Hieran waren zuletzt Verhandlungen über Lizenzvereinbarungen gescheitert, sodass die GEMA in Bezug auf einzelne Musiktitel den Rechtsweg einschlug.

Während sie das Videoportal als Inhalte-Anbieter betrachtet, und die Anwendung der Regelungen für Streaming-Dienste fordert, sieht Youtube sich lediglich als Host-Provider für die durch die Nutzer hochzuladenden Dateien. Allerdings sind die Youtube-User oft anonym und nicht ermittelbar, und scheiden daher als Adressaten von Lizenzforderungen aus.

Das OLG Hamburg, das nun eine Entscheidung des LG Hamburg von 2012 bestätigte, lehnt eine „Mittäterschaft“ von Youtube mit Nutzern, die urheberrechtsverletzende Videos hochladen, zwar ab (ebenso bereits im Juni das LG München I). Eine Verantwortung Youtubes nach dem Grundsatz der so genannten Störerhaftung sehen die OLG-Richter im Falle von Urheberverstößen jedoch als gegeben. Dies führt zwar nicht zu von der GEMA anvisierten Ausgleichzahlungen oder zu Schadenersatz, ebenso wenig zu einer aktiven laufenden Überprüfungspflicht aller Inhalte durch Youtube auf etwaige Rechtsverstöße.

Der Störer sei jedoch verpflichtet, bei Hinweisen auf eindeutige konkrete Rechtsverletzungen durch von Nutzern hochgeladene Videos, diese nicht nur umgehend zu sperren, sondern darüber hinaus weitere nach dem Einzelfall zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um derartige Urheberrechtsverletzungen auch künftig zu unterbinden.
Im Rahmen der Störerhaftung müsse der Diensteanbieter anhand von wirksamen Methoden sämtliche Inhalte abgleichen, in Ergänzung zum ID-Verfahren insbesondere mittels Wortfiltern und digitalen Fingerprints. Eine diesbezügliche Überprüfungspflicht dürfe nicht auf die Rechteinhaber abgewälzt werden. Die überaus weitgehende „absolute Erfolgsabwendungspflicht“ durch den Störer würde sich nach Ansicht des Hanseatischen Oberlandesgerichts beispielsweise sogar auf den fiktiven Fall erstrecken, dass ein Youtube-User von ihm selbst (schlecht) eingespielte Teile eines urheberrechtlich geschützten Liedes als Untermalung seines Strandurlaubs-Videos verwendet.

Auch wenn durch die Urteile die urheberrechtlichen Schutzrechte der durch die GEMA vertretenen Künstler und Musikverleger grundsätzlich gestärkt werden, läuft die Forderung der Gema, Youtube zur Lizenzzahlung zu verpflichten, ins Leere. Von Seiten des Videoportals wiederum dürfte die äußerst weitgehende Kontrollpflicht der Störerhaftung nicht hinnehmbar sein. Revision zum BGH wurde eingelegt.