Verkauf von verschreibungspflichtigen Medikamenten ohne ärztliches Rezept verstößt gegen Verbraucherrecht

Der Bundesgerichtshof hatte am 08.Januar 2015 darüber zu entscheiden, ob das Wettbewerbsrecht dadurch verletzt sein kann, dass ein Apotheker verschreibungspflichtige Medikamente ohne Vorlage eines ärztlichen Rezepts verkauft.
Das Landgericht Ravensburg hatte der entsprechenden Klage in erster Instanz stattgegeben, während das Oberlandesgericht Stuttgart als Berufungsgericht gegenteilig entschieden und die Klageforderung abgewiesen hatte.

Nun waren die Richter des Bundesgerichtshofes aufgefordert, in der Revisionsinstanz abschließend zu entscheiden. Sie erklärten, dass eine Abgabe von rezeptpflichtigen Medikamenten ohne Vorlage eines Rezepts immer auch dann einen Verstoß gegen geltendes Wettbewerbsrecht darstellt, wenn der Apotheker vor dem Verkauf mit dem Arzt des Kunden telefoniert hat.

Eine rechtliche Grundlage ist in der „Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln“ (AMVV) zu finden.

Die Verordnung sieht unter § 4 AMVV eine Ausnahmeregelung vor, die jedoch nur bei Gefahr im Verzug und nur unter der Voraussetzung, dass der Arzt vorher bereits eine Diagnose gestellt hat, zulässig ist. Im zu entscheidenden Fall bestand keine besondere Eilbedürftigkeit. Die Kundin hätte deshalb darauf verwiesen werden können, zunächst ihren behandelnden Arzt aufzusuchen und sich das benötigte Rezept ausstellen zu lassen.
Nach Ansicht von Deutschlands höchsten Zivilrichtern verletzte der Beklagte geltendes Wettbewerbsrecht, weil er gegen eine Bestimmung verstoßen hat, die der Gesundheit des Einzelnen, aber auch den Interessen der Verbraucher dienen soll.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass bei einem Verstoß gegen die Rezeptpflicht immer von einer Verletzung von Verbraucherinteressen auszugehen ist. Eine Ausnahme könnte nur dann vorliegen, wenn der Arzt, der telefonisch seine Zustimmung erklärt, zuvor Gelegenheit hatte, eine Diagnose zu stellen und gleichzeitig akute Gefahr im Verzug besteht.