Update: Klage mit „Spam-Krokodil“-Finanzierung ist doch nicht missbräuchlich

Spam-Werbung oder lästige Werbeanrufe am Telefon sind für Verbraucher unangenehm und lästig. Bei den Gerichten ist längst anerkannt, dass Privatpersonen, die ohne ihre Zustimmung und ohne in einer Geschäftsverbindung mit dem Werber zu stehen, Werbung erhalten, einen Unterlassungsanspruch geltend machen können. Rechtsgrundlage eines solchen Unterlassungsanspruchs ist das grundgesetzlich garantierte Persönlichkeitsrecht. Dadurch, dass sich ein Adressat mit unerwünschter Werbung beschäftigen muss, wird dieses Persönlichkeitsrecht verletzt, und es entsteht ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 823 ff BGB. Weil Recht haben nicht immer auch heißt, Recht zu bekommen, scheuen viele Adressaten davor zurück, gegen Spam zwischen den Mails vorzugehen. Einen Prozess zu führen, kostet Zeit und Geld, weil die fachliche Beratung durch einen qualifizierten Anwalt nicht ohne Kosten bleibt.

Der Online-Dienst „Spam-Krokodil“ bietet Hilfe an.

Wer für den Dienst registriert ist, der muss die lästige Spam nur ans Spam-Krokodil melden. Das Krokodil entscheidet, ob in der Sache eine Klage erhoben wird. Soll das Gericht eingeschaltet werden, empfiehlt der Krokodil-Dienst fachlich geeignete Rechtsanwälte und stellt den Spam-Adressaten von Prozesskostenvorschusszahlungen und Anwaltskosten frei. Der von der Spam Betroffene bleibt Prozesspartei. Er unterzeichnet die Prozessvollmacht für den Anwalt. Schadensersatzansprüche, die neben der angestrebten Unterlassungsverfügung erstritten werden, tritt der Spam-Adressat an das Krokodil ab. Gerichts- und Anwaltskosten muss, wenn die Klage erfolgreich ist, der Gegner tragen.

Landgericht sah Missbrauch wegen anwaltlicher Gewinnabsicht

Das Landgericht Berlin hatte in einem Urteil vom 20.09.2016, Aktenzeichen 15 O 6/16, die Klage einer Spam-Empfängerin für unzulässig erklärt, weil die Prozessfinanzierung durch das Spam-Krokodil dazu führe, dass der Anspruch missbräuchlich gestellt werde. Das Landgericht bezog sich auf § 8 Absatz 4 UWG, der die Wahrnehmung von Rechten als missbräuchlich ansieht, wenn es z.B nur darum geht, Gebühren für den Anwalt zu generieren. Dies sei durch die Prozessfinanzierung zu vermuten, da die betroffene Klägerin selbst kein Risiko übernehmen müsste.

Das Kammergericht in Berlin hat als Berufungsgericht in einem Urteil vom 05.09.2017 zum Aktenzeichen 5 U 150/16 anders entschieden, das erstinstanzliche Urteil zu großen Teilen aufgehoben und der Klage stattgegeben. Die Richter des 5 Senats am Kammergericht unterschieden zwischen dem schutzwürdigen Interesse der Klägerin, nicht mit unerwünschter Werbung belästigt zu werden, von dem Interesse ihrer Rechtsanwälte daran, Geld zu verdienen.

Kammergericht: Schutzinteresse des betroffenen Verbrauchers geht vor

Die Initiative für das Vorgehen gegen den Spam-Versender geht bei der „Spam-Krokodil“-Prozessfinanzierung nicht vom Krokodil, sondern vom belästigten Verbraucher aus, der sein Persönlichkeitsrecht verteidigen will. Das Spam-Krokodil prüft eigene Aktivitäten erst, wenn der Verbraucher Spam gemeldet hat. Die Rechtsanwälte, die sicherlich wirtschaftliche Eigeninteressen haben, wenn sie ein Mandat annehmen, werden weder auf eigene Initiative noch auf Eigeninitiative des „Krokodils“ tätig, sondern auf Initiative des Verbrauchers, der sich beeinträchtigt fühlt.

Schon aus diesem Grund ist die Situation anders, als sie sich in Anwendungsfällen von § 8 Absatz 4 UWG darstellt, wo Rechtsanwälte für ihre Mandanten selbständig Abmahn- und Klagefälle recherchieren. Beim Spam-Krokodil kann nicht nur auf das Verhältnis zwischen Prozessfinanzierer und Anwalt abgestellt werden. Der Verbraucher, der Klage erhebt, tut dies im eigenen Interesse. Er möchte weitere Belästigung durch Spam verhindern. Dieses Anliegen ist berechtigt, auch wenn er hinsichtlich der Prozesskosten eine wirtschaftliche Lösung anstrebt, die für ihn ohne Risiko ist.