„Recht auf Vergessenwerden“ contra Suchmaschine

Kein Providerprivileg, aber Vorrang von öffentlichem Interesse

Wer im Internet eine Suchmaschine betreibt, will den Nutzern spezielle Informationen bieten. Der Suchmaschinenbetreiber kann das Privileg des Access-Providers aus dem § 8 Telemediengesetz nicht für sich geltend machen, weil die Voraussetzungen der §§ 8, 9 TMG nicht erfüllt sind.
Das Landgericht Frankfurt am Main ist in seiner Entscheidung vom 26.10.2017 zum Aktenzeichen 2-03 O 190/16 zu der Entscheidung gekommen, dass Suchmaschinenbetreiber ein eigenes Interesse an den Informationen haben, die sie ihren Nutzern zur Verfügung stellen. Das zeigt sich unter anderem daran, dass Suchmaschinen verschiedenen Nutzern manchmal verschiedene Ergebnislisten anzeigen. Aufgrund von Nutzerprofilen werden bestimmte Ergebnisse nicht angezeigt.
Persönlichkeitsrechtsverletzungen und Datenschutz

Der Kläger hatte sich auf das „Recht auf Vergessenwerden“ berufen und wollte die Löschung eines bereits seit 6 Jahren vorhandenen Eintrags erreichen, der seinen Namen in den Zusammenhang einer finanziellen Krise des Regionalverbands, dessen Geschäftsführer er damals war, nannte. Er hatte den Eintrag sowohl bei der Eingabe seines Namens als auch bei Namenseingabe mit Zusatz eines regionalen Ortsnamens angezeigt bekommen. In dem aufzurufenden Beitrag sind personenbezogene Daten des Klägers enthalten. Nach seinen Angaben sind auch schutzbedürftige medizinische Daten dabei. Der Kläger geht davon aus, ein Recht auf Löschung des Beitrags und der Daten auf der Grundlage des § 35 BDSG zu haben. Verklagt wurden die international tätige Suchmaschinenbetreiberin und ihre deutsche Repräsentanz. Der Kläger hatte bereits im Jahr 2015 bei der beklagten Suchmaschinenbetreiberin einen Antrag auf Löschung seiner persönlichen Daten gestellt. Die Beklagte war dem Verlangen nur teilweise nachgekommen.

Interessenabwägung in der Einzelfallprüfung erforderlich

Auf dem Klagewege ist nun festgestellt worden, dass bei Vorliegen von Löschungsgründen nach § 35 BDSG eine gesonderte Einzelfallprüfung vorgenommen werden müsste. Grundsätzlich kann sich die Betreiberin einer Suchmaschine nicht auf das Access-Provider-Privileg berufen, weil sie ihre Inhalte nicht durchleitet, ohne daran ein eigenes Interesse zu haben. Ein Suchmaschinenbetreiber kann sich dem Anspruch auf Löschung bestimmter Einträge allerdings nicht entziehen, indem er sich auf das Privilieg des Access Providers aus § 8 TMG beruft. Eine Suchmaschine ist nach Ansicht der Richter kein Instrument der Weiterleitung.

Eine Weiterleitung könnte höchstens durch Verlinkung von Suchergebnis und „Snippets“ geschehen. Dabei stünde der Suchmaschinenbetreiber dem Vorgang allerdings nicht neutral gegenüber. Der Antrag auf Datenlöschung kann allerdings auch deshalb unbegründet sein, weil noch ein öffentliches Interesse an der Information besteht. Das haben die Richter am Landgericht hier festgestellt. Obwohl die beanstandete Meldung schon 6 Jahre alt ist, hat die Öffentlichkeit einen Anspruch darauf, über die damaligen Vorgänge informiert zu werden.
Der Kläger muss nach dem Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main weiterhin hinnehmen, dass die von ihm beanstandeten Informationen mit Hilfe der Suchmaschine aufgerufen werden können.