Recht auf Vergessen im Internet

So manche Rechtsexperten sehen das vorliegende Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt mehr als kritisch. Fest steht, dass nicht jeder Betroffene das sogenannte „Recht auf Vergessen“ im Internet hat.

Die Richter haben entschieden, dass es dem Suchmaschinenbetreiber Google nicht grundsätzlich zu untersagen ist, ältere Presseberichte über eine Person in ihren Trefferlisten anzuzeigen, selbst, wenn diese negative Inhalte und sensible Daten, zum Beispiel aus dem Gesundheitsbereich, enthalten. Das „Recht auf Vergessen“ wird durch Art. 17 Datengrundschutzverordnung erfasst.
Obwohl die Datenschutzbestimmungen dieser Verordnung besonders streng sind, überwiegt im Urteil des OLG Frankfurt das öffentliche Interesse an der Berichterstattung das Recht des Klägers auf die informationelle Selbstbestimmung. Dieser juristische Begriff beschreibt den Anspruch der Betroffenen, selbst zu bestimmen, was mit ihren Daten geschieht und ob diese überhaupt einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Das Informationsinteresse steht über den Persönlichkeitsrechten des Klägers

Der Kläger ist Geschäftsführer einer gemeinnützigen Organisation, die im Jahr 2011 mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. In dieser Zeit hatte der Kläger auch gesundheitliche Schwierigkeiten und sich krank gemeldet. Die durch Google veröffentlichen Presseberichte betonen wiederholt die finanzielle Schieflage und die gesundheitlichen Probleme des Klägers. Der Kläger machte einen Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Presseberichte gegen Google geltend. Mit der Suche nach seinem Vor- und Zunamen sollten fünf namentlich genannte Links nicht mehr in den Trefferlisten auftauchen. Die rechtmäßige Verlinkung von Inhalten mit Gesundheitsdaten ist durch Art. 9 Abs. 1 DS-GVO geregelt, wonach über die widerstreitenden Interessen gemäß Art. 17 Abs. 1 lit. in Verbindung mit Art. 17 Abs. 3 lit. zu entscheiden ist. Die Interessenabwägung kann sich ferner an Art. 6 DSGVO orientieren. Das Gericht erkennt zwar grundsätzlich an, dass auch das amerikanische Unternehmen Google die Vorschriften der europäischen Datenschutzbestimmungen einzuhalten habe.

Kein Unterlassungsanspruch gemäß Art. 17 DSGVO

Der Kläger könne sich jedoch nicht auf Art. 17 DSGVO berufen, da das Recht auf Kommunikationsfreiheit der Nutzer von Google das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung überwiege. Das Interesse auf Anonymität des Klägers muss hinter dem Interesse der Öffentlichkeit auf Berichterstattung zurücktreten. Die Richter erkennen zwar an, dass die streitgegenständlichen Presseberichte sensible Daten zur Person des Klägers und dessen Gesundheit bereithalten. Der Schutz des Klägers gehe in diesem Fall jedoch nur soweit er „erforderlich“ sei. Was genau mit dieser Umschreibung gemeint ist, führen die Richter jedoch nicht weiter aus. Auf dieser Grundlage stehe dem Kläger kein Anspruch auf Löschung gemäß Art. 17 DSGVO zu.

Die Pflicht zur präventiven Kontrolle besteht nicht

Ferner weist das Urteil darauf hin, dass Unternehmen wie Google erst bei konkreten Hinweisen zu offensichtlichen Verstößen gegen die Datenschutzbestimmungen tätig werden müssen. Der Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht muss zweifelsfrei und ohne weitere Nachforschungen erkennbar sein. Die Verpflichtung zur präventiven Kontrolle besteht nicht. Daher stufen die Richter die streitgegenständliche Berichterstattung aus dem Jahr 2011 als rechtmäßig ein, da ein erhebliches öffentliches Interesse bestanden habe.