Pippi Langstrumpf vor dem BGH

Pünktlich zum 70. Geburtstag der von Astrid Lindgren geschaffenen Romanfigur Pippi Langstrumpf befasste sich nun der Bundesgerichtshof nochmals mit wettbewerbsrechtlichen Fragen zu dieser literarischen Figur – in einem seit längerem währenden Rechtstreit zwischen der schwedischen Firma Saltkrakan AB, die Rechte am künstlerischen Werk von Astrid Lindgren vertritt, und der Discounterkette Penny-Markt (Urteil vom 19.11.2015, Az. I ZR 149/14).

Penny-Markt hatte im Januar 2010 in deutschlandweit über 16 Millionen Werbeprospekten Faschingskostüme mit der Bezeichnung „Püppi“ beworben, die an Pippi-Langstrumpf erinnerten (rote Perücke mit abstehenden Zöpfen, rot und grün gestreiftes T-Shirt und Strümpfe), und diese mehr als 15.000-fach verkauft.

Saltkrakan hatte gegen Penny-Markt Klage auf Schadenersatz erhoben, und Lizenzgebühr von 50.000 Euro geltend gemacht, da die Beklagte durch die an die Romanfigur angelehnten Abbildungen gegen urheber- und wettbewerbsrechtliche Vorschriften verstoßen habe.

Nachdem der BGH als Revisionsinstanz bereits in einer früheren Entscheidung 2013 die urheberrechtlichen Ansprüche unter Verweis darauf zurückgewiesen hatte, dass eine literarische Figur nur in einer Kombination aus Charaktereigenschaften und besonderen äußeren Merkmalen urheberrechtlichen Schutz genieße, und lediglich die äußere Verkleidung einer Figur hierfür nicht ausreiche (während der Name einer Figur dem Markenschutz unterliegt), kamen die BGH-Richter nun auch bei der Beurteilung der mit dem Fall zusammenhängenden wettbewerbsrechtlichen Aspekte zu ähnlichen Schlussfolgerungen.

Die Bundesrichter folgten bezüglich der wettbewerbsrechtlichen Betrachtung der Vorinstanz und wiesen die Klage ab. Wie bereits die OLG-Richter sahen sie zwar eine „nachschaffende Nachahmung“ der Romanfigur. Diese sei aber nicht unlauter, da etwa keine unangemessene Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung der Figur gegeben sei. Nach BGH-Auffassung greife dieser geltend gemachte sog. wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz gemäß § 4 Nr. 9 UWG vorliegend nicht.

Zwar könne auch eine literarische Figur diesem Schutz unterfallen. Mit Blick auf die Nachahmung einer Romanfigur müssten jedoch bei der Beurteilung von wettbewerblich eigenartigen Merkmalen, die in eine andere Produktart (hier: das Kostüm) übernommenen würden, hohe Anforderungen gestellt werden. Vorliegend seien die wenigen Merkmale, die das Faschingskostüm an Pipi Langstrumpf erinnern ließen, hierfür alleine nicht ausreichend.

Auch aus Verbrauchersicht sei nicht davon auszugehen, dass die bloße Ähnlichkeit des Kostüms mit der berühmten Vorlage unter Verwendung eines nur nachahmenden Namens eine gesonderte Nutzungsgenehmigung des Lizenzgebers erforderlich gemacht hätte. Daneben wurde mangels Annahme einer zu schließenden Schutzlücke ein Rückgriff auf die wettbewerbsrechtliche Generalklausel des § 3 Abs. 1 UGW ebenfalls abgelehnt.

Im Ergebnis kann der Grundsatz der Nachahmungsfreiheit bei einem Faschingskostüm somit auch durch die Ausnahme des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes nicht durchbrochen werden, solange weitere Charakteristika der nachgeahmten Figur fehlen.