Pflicht zu Kostenbremse durch Mobilfunkanbieter bei ungewöhnlichem Internet-Nutzungsverhalten

Aus einer Fürsorgepflicht des Mobilfunkanbieters ergibt sich, dass dieser bei einem ungewöhnlichen Internet-Nutzungsverhalten des Vertragspartners dessen Internetzugang durch eine automatische technische Kostenbegrenzungsfunkton („Cut-off“) unterbrechen und ihm einen Warnhinweis senden muss, um einer Kostenexplosion auf Seiten des Vertragspartners vorzubeugen.

Wie das Amtsgericht Bonn in einem Urteil vom 21.11.2014 (104 C 432/13) entschied, kann sich der Mobilinternet-Nutzer andernfalls gegenüber einer hohen Rechnungsforderung auf den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB berufen.

Im vorliegenden Fall hatte die klagende Mobilfunkgesellschaft unter anderem allein für September 2010 eine Rechnung über 1.559,71 € gestellt, da das Mobiltelefon des beklagten Nutzers zwischen dem 07. und 13. September 2010 mit Unterbrechungen in den Nachtstunden dauerhaft ins Internet eingewählt war.

Dem Zahlungsverlangen der Klägerin hielt der Beklagte entgegen, dass er aufgrund unterbliebener Fürsorgepflichten seinerseits Anspruch auf Schadenersatz habe. Der Mobilfunkanbieter habe ihn nicht aufgeklärt, dass durch die Nutzung verschiedener Arten der Internetverbindung erhebliche Kosten entstehen könnten.

Das Gericht folgte dem Beklagten dahingehend, dass dieser aufgrund einer Fürsorgepflichtverletzung einen Schadenersatzanspruch gegen der Klägerin geltend machen könne. Zwar sei jede Vertragspartei aufgrund der Privatautonomie selbst für die Wahrnehmung der eigenen Interessen und die Beschaffung wichtiger Informationen verantwortlich.

In einem Dauerschuldverhältnis wie einem Mobilfunkvertrag sei jedoch anerkannt, dass die Vertragspartner eine vertragliche Nebenpflicht treffe, Schaden von der anderen Seite abzuwenden. Sie müssten deshalb auch kurzfristig auf ein zu Schaden führendes Verhalten des Vertragspartners reagieren. Ferner ergebe sich eine solche Fürsorgepflicht auch aus dem ungewöhnlichen Internet-Nutzungsverhalten des Beklagten, da ein vernünftiger Kunde vorliegend statt eines „Internet-by-call“-Tarifs eine Flatrate gewählt hätte und der Beklagte auch zu keinem anderen Zeitpunkt ein vergleichbares Verhalten gezeigt habe.

Bei der Bestimmung der Grenze zwischen gewöhnlichem und ungewöhnlichem Internet-Nutzungsverhalten orientiert sich das Gericht an der in der EU-Roaming-Verordnung (Nr. 544/2009) geltenden Obergrenze für Datenroamingdienste von 50 € nebst Mehrwertsteuer, ab der ein Cut-off anzuwenden sei. Da das Internet in Inland im Vergleich zu einem Roamingdienst häufiger genutzt werde, legte das Gericht die Obergrenze, ab dem die Cut-off-Pflicht gelte, auf das Dreifache des in der Verordnung genannten Betrags fest. Dem Mobilfunkanbieter wurden entsprechend –neben weiteren Beträgen – statt der 1.559,71 € lediglich 150 € nebst Mehrwertsteuer zugesprochen.