LG Köln: Deutsche Regelung zur virtuellen Hauptversammlung ist verfassungs- und europarechtskonform

Das Landgericht Köln beschäftigte sich mit der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen zur virtuellen Aktionärsversammlung im sogenannten „COVID-19-Gesetz“. Fraglich war, ob die geltende Gesetzesfassung die Rechte der Aktionäre unzulässig einschränkt und ob der Gesetzgeber stattdessen eine Online-Versammlung in Echtzeit mit der Möglichkeit der Zwei-Wege-Kommunikation vorschreiben müsste.

Das Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (GesRuaCOVBekG) sieht in § 1 die Option vor, eine Aktionärsversammlung ohne physische Präsenz durchzuführen. Die Voraussetzungen sind die vollständige Übertragung der Versammlung durch Bild und Ton sowie die Möglichkeit der Aktionäre, ihr Stimmrecht auf elektronischem Weg auszuüben. Weiterhin verlangt das Gesetz, dass die Aktionäre Fragen digital übermitteln können und dass sie nach Ausübung ihres Stimmrechts auch ohne persönliches Erscheinen von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen können. Im Übrigen stellt der Gesetzgeber es ins pflichtgemäße Ermessen des Vorstands, unter welchen zeitlichen Rahmenbedingungen er Eingaben der Aktionäre entgegennimmt und beantwortet. Danach darf der Vorstand beispielsweise bestimmen, dass Anträge bis zu 24 Stunden vor Versammlungsbeginn einzureichen sind.

Im vorliegenden Rechtsstreit erließ das Landgericht einen Hinweisbeschluss an die Parteien, in dem es die vom Gesetz vorgesehene digitale Versammlung als verfassungs- und europarechtskonform einstufte (Beschluss vom 26.02.2021 – 82 O 53/20).

Für Onlineversammlungen in Echtzeit gibt es noch kein standardisiertes Verfahren

Bisher haben in Deutschland noch keine Online-Hauptversammlungen in Echtzeit und mit Zwei-Wege-Kommunikation stattgefunden. Das Landgericht lässt offen, ob es inzwischen Anbieter gibt, die eine sichere Lösung für eine solche virtuelle Versammlung anbieten können und ob es sie bereits im Jahr 2020 gab, als das Gesetz in Kraft trat. Denn jedenfalls handele es sich noch nicht um ein erprobtes und standardisiertes Verfahren. Deshalb habe der Gesetzgeber auch darauf verzichten dürfen, eine Online-Hauptversammlung in Echtzeit als Alternative zur Präsenzversammlung gesetzlich zu normieren. Zwar beschränke die gewählte Form die Rechte der Aktionäre, nämlich ihre Frage-, Antwort- und Rederechte. Diese Einschränkungen seien jedoch nicht unverhältnismäßig.
Denn der Gesetzgeber habe angesichts der Ausnahmesituation in der Pandemie ein technisch geeignetes und rechtssicheres Instrument angeboten, mit dem Aktiengesellschaften schnell wichtige Beschlüsse fassen könnten. Nach Ansicht des Gerichts dient dies dem Infektionsschutz der Bevölkerung sowie der weiteren Handlungsfähigkeit der Aktiengesellschaft und liegt damit auch im Interesse der Aktionäre.