LG Bonn: Veröffentlichung von Unfallvideos rechtfertigt Hausdurchsuchung

Der Betreiber eines Kanals auf einer Online-Videoplattform wandte sich gegen die Anordnung einer Hausdurchsuchung. Nach einem schweren Verkehrsunfall hatte der Beschuldigte ein zweiminütiges Video hochgeladen, auf dem zu sehen war, wie das im Auto eingeklemmte Opfer von Feuerwehrleuten geborgen wurde. Zwar war das Gesicht des Verunfallten verpixelt, dennoch war dessen Identifizierung für Freunde und Angehörige leicht möglich.

Die Schwester des Geschädigten bat den Beschuldigten, das Video zu löschen, dieser aber weigerte sich unter Berufung auf die Pressefreiheit. Das Amtsgericht Bonn sah den Verdacht auf eine Straftat nach § 201a StGB und ordnete eine Hausdurchsuchung an. Die Durchsuchung zielte auf die Auffindung von Kameras, Computern und Mobiltelefonen mit Videofunktion. Gegen den Durchsuchungsbeschluss legte der Beschuldigte Beschwerde ein, die das Landgericht Bonn als unbegründet verwarf (Beschluss vom 13.07.2021, Az.: 50 Qs-410 Js 78/21-18/21).

Gaffervideos sind nicht von Presse- oder Kunstfreiheit gedeckt

Das Landgericht bestätigt die Ansicht des Amtsgerichts, nach der ein Anfangsverdacht im Hinblick auf § 201a I Nr. 2 StGB vorlag, denn die Bildaufnahmen hätten die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau gestellt. Dabei durfte sich der Kläger nach Auffassung des Gerichts nicht auf berechtigte Interessen der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens nach § 201a IV StGB berufen. Denn das veröffentlichte Video enthalte keinerlei journalistisch-redaktionelle Beiträge. Das unbearbeitete Filmmaterial zeige vielmehr ein tatsächliches Unfallgeschehen ohne eine redaktionelle Aufbereitung.

Das reine Hochladen könne nicht als Pressetätigkeit gewertet werden und unterliege demnach keinem verfassungsrechtlichen Schutz.
Weiterhin sei die angeordnete Hausdurchsuchung ein geeignetes Mittel zur Auffindung von Beweismaterial gewesen und habe im Ergebnis nicht außer Verhältnis zur vorgeworfenen Tat gestanden. Auch ein zu erwartendes geringes Strafmaß ändere nichts an dieser Einschätzung, denn der Beschuldigte habe das Videomaterial über seinen Kanal einem großen Personenkreis zugänglich gemacht. Deshalb falle der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen besonders schwerwiegend aus, was bei der Abwägung zu berücksichtigen gewesen sei.