Gefährdet die Halal-Schlachtung das Tierwohl? 

Verstößt Halal-Fleisch gegen die hohen Tierschutzstandards in der Europäischen Union? Darf Fleisch von Tieren, die entsprechend diesem religiösen Ritus ohne Betäubung geschlachtet wurden, überhaupt das Bio-Siegel tragen?

Mit diesen Fragen hatten sich die Richter am Europäischen Gerichtshof zu beschäftigen. Die EuGH-Entscheidung erfolgte aufgrund eines Rechtsstreits in Frankreich. Eine Tierschutzorganisation vertrat die Meinung, dass Halal-Hacksteacks zu Unrecht mit dem Siegel aus „ökologischem/biologischem Anbau“ gekennzeichnet werden. Halal-Fleisch stammt von Tieren, die entsprechend dem religiösen Ritus ohne Betäubung geschlachtet werden. Die hohen Tierschutzstandards der Europäischen Union sehen jedoch ausschließlich die Schlachtung mit vorheriger Betäubung vor, um das Tierleid soweit wie möglich einzuschränken. Das zuständige Verwaltungsgericht legte diesen Fall dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vor.
Die Richter am EuGH entschieden im Sinne der klagenden Tierschutzorganisation. In der Europäischen Union verbinden Verbraucher mit dem Bio Siegel zu Recht hohe Tierschutzstandards. Die Haltungsbedingungen und das Tierwohl spielen eine zentrale Rolle. Diese Tierschutzstandards beinhalten auch die Art und Weise der Schlachtung. Die Luxemburger Richter beziehen sich auf wissenschaftliche Studien, die belegen, dass ausschließlich Schlachtungen unter Anwendung von Betäubungsmitteln das Tierwohl am wenigsten beeinträchtigen. Schlachtungen entsprechend des betäubungslosen Halal-Ritus, der im Islam und im Judentum Anwendung findet, erfüllen diese Tierschutzkriterien nicht. Damit Fleisch die Auszeichnung „Halal“ erhält, muss das Tier während der Schlachtung lebendig sein, das heißt, vor dem entscheidenden Schnitt, der auch als Schächten bezeichnet wird, darf das Tier nicht gestorben sein. Viele koschere und muslimische Fleischverarbeiter befürchten jedoch, dass die Tiere aufgrund einer allergischen Reaktion auf Betäubungsmittel noch vor dem Schächten sterben können. Dieses Fleisch darf nicht die „Halal“-Auszeichnung tragen.

Sowohl Juden als auch Muslime sehen diese Schlachttechnik nicht als tierschutzwidrig an. Der Präsident der Europäischen Rabbiner, Pinchas Goldschmidt, sieht die rituelle Schlachtung mit dem vorliegenden Urteil in Misskredit gebracht und bezeichnet diese Rechtsprechung als nicht koscher. Er sieht das Recht auf freie Religionsausübung und gefährdet. Er geht noch weiter und führt aus, der Europäische Gerichtshof sei voreingenommen gegenüber religiösen Minderheiten und legalisiere Diskriminierung. Ferner kritisiert der er die Massentierhaltung und industrielle Fleischverarbeitung in großen Mengen ohne das Setzen von Grenzen. Ein EU-Biologo fördert seiner Meinung nach nicht den Tierschutz. Warum rituell geschlachtete Produkte aus diesem Logo ausgeschlossen werden, kann er nicht nachvollziehen und prüft, ob rechtliche Maßnahmen gegen das Urteil zu ergreifen sind.