Finanzamt darf Internet-Domain pfänden

Kann das Finanzamt wegen Steuerrückständen einen Namen pfänden? Möglicherweise: ja. Das sagt der Bundesfinanzhof, der am 20.06.2017 unter dem Aktenzeichen VII R 27/15 seine Entscheidung in einem Rechtsstreit zwischen der Finanzbehörde und einer Registrierungsstelle für Domains im Internet verkündete. Streitgegenstand war die Domain eines Internet Händlers, der Steuerschulden hatte. Wer dem Finanzamt Geld schuldet, das dem Staat der Steuergesetzgebung nach zusteht, muss mit Pfändungsmaßnahmen jeder Art rechnen und grundsätzlich davon ausgehen, dass die Vollstreckung alle geldwerten Leistungen betrifft.

Eine Domain im Internet beinhaltet keine Zahlungsansprüche. Eigentlich handelt es sich nur um eine Adresse, unter der der Inhaber aufgefunden werden kann. Dennoch sind die Finanzbehörden daran interessiert, im Wege der Pfändung die tatsächliche Handlungsmacht in allen Angelegenheiten, die die Domain betreffen, zu sichern und die Abmeldung der Domain zu verhindern.

Registrierungsstelle als Drittschuldner

Bei der Anmeldung einer Internet-Domain ist nicht nur ein Provider beteiligt, sondern auch eine Registrierungsstelle. Eine solche Registrierungsstelle nimmt die Interessen ihrer Nutzer, die Internet-Domains angemeldet haben, wahr. Vertragliche Vereinbarungen können neben der Verpflichtung zur Aufnahme einer Domain in das dafür geschaffene Register zusätzlich noch Schulungs- oder Wartungsleistungen enthalten. Leistungen, die für sich genommen einen Geldfluss auslösen, gehören nicht zu den Angeboten einer Registrierungsstelle. Dennoch wurde im vorliegenden, vom Bundesfinanzhof entschiedenen Rechtsstreit eine Registrierungsstelle als Drittschuldnerin in Anspruch genommen. Die Registrierungsstelle für Domains im Internet setzte sich gegen ihre Inanspruchnahme zur Wehr. Sie könne nicht Drittschuldnerin sein, weil zwischen ihr und ihrem Vertragspartner, dem Steuerschuldner, gegen den sich die Pfändung richtet, kein Vertrag über geldwerte Leistungen bestanden habe.

Es gäbe also keinen Anspruch, den die als Drittschuldnerin in Anspruch genommene Registrierungsstelle durch Zahlung an den Vollstreckungsgläubiger erfüllen könnte. Die Richter am Bundesfinanzhof bewerten die Situation anders und stufen die zwischen Registrierungsstelle und Domain-Inhaber vereinbarten Leistungen steuerrechtlich als „anderes Vermögensrecht“ gemäß § 321 Absatz 1 AO an. Die Zwangsvollstreckung ist also gemäß § 857 ZPO möglich und zulässig.

Verhältnismäßigkeit nur bei sinnvollen Maßnahmen gegeben

Das Interesse des Pfändungsgläubigers konzentriert sich auf die Aufrechterhaltung der Domain-Registrierung, aber auch auf vertragliche Nebenleistungen des Registriervertrages. Der Bundesgerichtshof hat bereits im Jahr 2005 entschieden, dass nicht die Domain als Adresse, aber die Ansprüche aus dem Registriervertrag Gegenstand einer Pfändung sein können (BGH VII ZB 5/05). Von Bedeutung ist dabei auch die Möglichkeit, dass Dritte über die „Whois“-Datenbankabfrage Angaben über den Domain-Inhaber erlangen können. Zu den im Registriervertrag enthaltenen Ansprüchen gehört auch die jeweils, wenn nötig, auszuführende Berichtigung dieser Auskunftsdaten.

Das Finanzamt als Vollstreckungsschuldner hat jedoch ein berechtigtes Interesse daran, im Wege der Drittschuldnererklärung weitere Informationen über den Vollstreckungsschuldner und Domain-Inhaber zu erlangen. Zu beachten ist dabei allerdings der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der im Vollstreckungsverfahren verhindern soll, dass Maßnahmen eingeleitet werden, die zwar zulässig, nicht aber erfolgversprechend sind. Als Erfolg einer Vollstreckung ist nur die materielle Befriedigung des Gläubigers anzusehen. Maßnahmen, die lediglich dem Schuldner schaden können, ohne gleichzeitig auch einen wirtschaftlichen Vorteil für den Gläubiger zu erwirken, sind als unverhältnismäßig einzustellen. Im vorliegenden Fall verwies der Bundesfinanzhof das Verfahren zunächst zur Klärung weiterer Sachfragen an das Berufungsgericht zurück.