Der Geschmack ist nicht urheberrechtlich geschützt

Ein Sprichwort besagt, dass sich über Geschmack nicht streiten lässt, da jeder in dieser Hinsicht andere Empfindungen hat. Zwei Frischkäsehersteller vertreten jedoch eine andere Meinung und stritten sich vor Gericht über den Geschmack der Frischkäsezubereitung „Heksenkaas“.

Der niederländische Frischkäsehersteller Levola ging gerichtlich gegen einen Mitbewerber vor. Der Kläger vertrat die Ansicht, der beklagte Mitbewerber habe seine Frischkäsezubereitung Heksenkaas mit dem eigenen Frischkäseprodukt „Witte Wievenkaas“ in Konsistenz und Geschmack nachgeahmt. Levola hält die Urheberschutzrechte an diesem Frischkäseprodukt und nahm den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch. Der streitgegenständliche Frischkäse sollte nicht mehr hergestellt werden, da er die Urheberschutzrechte an dem geschützten Produkt „Heksenkaas“ verletze. Levola stuft dieses Produkt als Werk gemäß den Bestimmungen des Urheberschutzrechtes ein. Die Herstellung des Konkurrenzproduktes stelle eine Vervielfältigung des eigenen Werkes dar.

Kann der Geschmack eines Lebensmittels Urheberrechtsschutz genießen?

Die Richter am Europäischen Gerichtshof haben jedoch entschieden, dass der Geschmack eines Lebensmittels keinen Urheberrechtsschutz gemäß Richtlinie 2001/29/EG genießt und daher nicht als Werk einzustufen ist. Die Kriterien, die das Urheberschutzrecht an die Einstufung einer Sache als Werk stellt, sind hoch. Ein Werk muss anhand eindeutiger Kriterien zu bestimmen sein. Der Geschmack eines Lebensmittels lässt jedoch genau diese Bestimmung nicht zu, da jeder Geschmack anders empfindet.

Wann ist eine Sache ein Werk im Sinne des Urheberschutzgesetzes?

Ein Objekt, wie in diesem Fall ein Lebensmittel, kann nur dann als Werk im Sinne des Urheberschutzgesetzes eingestuft werden, wenn es die Merkmale einer eigenen geistigen Schöpfung aufweist. Darüber hinaus führen die Richter den „Ausdruck“ einer geistigen Schöpfung an. Was als Ausdruck einer geistigen Schöpfung anzusehen ist, beschreiben verschiedene EU-Abkommen, unter anderem das „Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte geistigen Eigentums“ der Welthandelsorganisation (WTO) und der „Vertrag der Weltorganisation für geistiges Eigentum über das Urheberrecht“ (WIPO). Entsprechend dieser Bestimmungen erstreckt sich das geistige Eigentum nicht auf Arbeitsweisen, Verfahren, Ideen und mathematische Konzepte.

Der Begriff Werk setzt nach Meinung der Richter zwingend eine Ausdrucksform des entsprechenden Schutzobjektes voraus. Diese Ausdrucksform muss sich hinreichend genau und objektiv bestimmen lassen. Diese exakte Bestimmung ist in Bezug des Geschmacks eines Lebensmittels jedoch nicht möglich, da Geschmacksempfindungen subjektiv und veränderlich sind. Jeder empfindet den Geschmack eines Lebensmittels anders. Das Geschmacksempfinden ist laut Auffassung der Richter immer mit der jeweiligen Person verbunden, die ein Lebensmittel probiert, zum Beispiel Alter, Konsumgewohnheiten und Ernährungsvorlieben. Auch der Anlass, zu dem das Lebensmittel probiert wird und Umweltfaktoren spielen eine wichtige Rolle.

Nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft sei eine objektive Bestimmung und Identifizierung des Geschmacks von Lebensmitteln mit technischen Mitteln nicht möglich. Ein Vergleich mit ähnlichen Lebensmitteln sei daher gleichfalls nicht möglich.