Bundesverfassungsgericht stärkt Kunstfreiheit durch Urteil zum Sampling

Im Bereich der elektronischen Musik oder des HipHop gehört Sampling schon längst zum guten Ton. Mit der Frage, ob Musiker Tonsequenzen anderer Künstler in ihr eigenes Werk übernehmen dürfen, ohne vorher einer Erlaubnis des Rechtsinhabers einzuholen, hat sich nun das Bundesverfassungsgericht beschäftigt.

Geklagt hatte Ralf Hütter, eines der Gründungsmitglieder der populären Elektroband Kraftwerk. Er war der Ansicht, der Musikproduzent Moses Pelham hätte eine zwei Sekunden lange Musiksequenz aus dem Lied „Metall auf Metall“ von Kraftwerk aus dem Jahr 1977 unerlaubt in das Werk „Nur mir“ der Sängerin Sabrina Setlur integriert. Zudem werde die Tonsequenz als Schleife in dem Lied aus dem Jahr 1997 fortlaufend wiedergegeben. Der Rechtsstreit durchlief sämtliche Instanzen der deutschen Gerichtsbarkeit und führte zwischenzeitlich zu einem Vertriebsverbot des Songs „Nur mir“.

Moses Pelham legte daraufhin Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein und bekam Unterstützung durch prominente Künstler wie Sarah Connor oder Gentleman. Er vertrat die Ansicht, dass das Sampling von Musikstücken ein essentieller Teil der Musikrichtung HipHop sei und ein Sampling-Verbot dieses Genre in seiner Existenz bedrohe. Angestrebt werde die genehmigungsfreie Verwendung fremder musikalischer Beats. In der vorliegenden Rechtssache hatte die Verfassungsbeschwerde nun Erfolg. In dem Urteil 1 BvR 1585/13 vom 31. Mai 2016 verwiesen die Richter des Bundesverfassungsgerichts die Entscheidung zur Neubewertung zurück an den Bundesgerichtshof, der im Jahr 2012 zugunsten der Elektroband Kraftwerk entschieden hatte.

Nach Ansicht der Richter des Bundesverfassungsgerichts sei die Länge der verwendeten Musiksequenz von lediglich zwei Sekunden, das zentrale Bewertungskriterium. Grundsätzlich gehe es in der Entscheidung nämlich nicht um ungenehmigte Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Werkes, da die Schöpfungshöhe für schützenswerte Werke bei einem zweisekündigen Ausschnitt nicht erreicht sei. Stattdessen berief sich der Kläger auf die Paragraphen 85 und 86 des Urheberrechtsgesetzes und damit auf Leistungsschutzrechte. In Abwägung dieser Leistungsschutzrechte mit dem Grundgesetz hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass der Song „Nur mir“ als eigenständiges Werk gewertet werde. Zudem dürfe die Freiheit der Kunst nicht allein aufgrund wirtschaftlicher Interessen des Rechtsinhabers eingeschränkt werden.

Betont haben die Richter des Bundesverfassungsgerichts den Einfluss des Samplings auf das Musikgenre des HipHop. Demnach gehöre der Einsatz originaler Audiozitate anderer Künstler, so die juristische Definition für Sampling, zum musikalischen Konzept des HipHop. In der Folge falle das Sampling bis zu einem gewissen Grad somit unter den besonderen Schutz von Artikel 5 des Grundgesetzes.