BGH zum Veröffentlichungsrecht von Passagen aus anwaltlichen Schreiben

Ein Medienanwalt aus Berlin vertrat einen Profifußballer in einem Verfahren gegen das Magazin Spiegel, das über dessen Steuertricks berichtet hatte. Ein Redakteur des Spiegel übersandte dem Fußballspieler einen Fragenkatalog, in dem dieser zu mehreren Einkommensteuererklärungen vergangener Jahre Stellung nehmen sollte. Der Rechtsanwalt beantwortete das Schreiben für seinen Mandanten, äußerte sich jedoch nicht inhaltlich zu den Fragen, sondern wies darauf hin, dass eine offenbar geplante Berichterstattung aus mehreren Gründen unzulässig sei und er beabsichtige, gegen rechtswidrige Veröffentlichungen zu klagen.

Dabei stellte er klar, dass seine Ausführungen „nicht zur Veröffentlichung bestimmt“ seien. Der Spiegel druckte Passagen aus dem Anwaltsschreiben ab, unter anderem das Zitat: „Das ist eine neue Qualität von journalistischer Verrohung“.
Der Rechtsanwalt klagte vor dem Landgericht Köln auf Unterlassung der Wortberichterstattung aus seinem Schreiben. Er bekam vor dem Landgericht recht, das OLG Köln hob im Berufungsverfahren jedoch das erstinstanzliche Urteil wieder auf. Nun bestätigte auch der BGH die Entscheidung des Berufungsgerichts und lehnte einen Unterlassungsanspruch des Klägers ab (Urteil vom 26.11.2019, Az.: VI ZR 12/19).Anwaltliche Schriftsätze bewegen sich nur in der SozialsphäreNach Ansicht des BGH gibt es kein generelles Recht auf Geheimhaltung schriftlich getätigter Äußerungen. Ein Geheimhaltungsrecht habe der Kläger auch nicht durch seine einseitige Erklärung, das Schreiben sei nicht für die Veröffentlichung bestimmt, begründen können. Denn eine solche Möglichkeit schränke die Meinungs- und Pressefreiheit unverhältnismäßig ein. Auch das Anwaltsgeheimnis komme hier nicht zum Zug, da die Empfänger anwaltlicher Schreiben nicht zu schweigepflichtigen Gehilfen würden. Der Senat führt weiter aus, dass Inhalte aus anwaltlichen Schriftsätzen ausschließlich der Sozialsphäre des Verfassers zuzuordnen seien, weil sie keine Informationen aus dessen Privat- oder Intimbereich enthielten. Vorliegend käme eine Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers nur im Hinblick auf seine Berufsehre oder seine soziale Anerkennung in Betracht, zum Beispiel durch eine verzerrte Darstellung seiner Äußerungen. Der Kläger sei aber korrekt zitiert worden, und aus den abgedruckten Passagen ergebe sich nur, dass er sich vehement für die Interessen seiner Mandanten einsetze. Schließlich komme auch das Datenschutzrecht, das sich auf die unerwünschte Freigabe personenbezogener Daten beziehe, im Rahmen einer Korrespondenz zwischen Anwalt und Medien nicht zur Anwendung.