BGH zum Filesharing: Abgemahnte müssen den wahren Täter noch nicht im vorgerichtlichen Verfahren nennen

Der BGH entschied über die Auskunftspflicht des Abgemahnten beim Filesharing. Der Beklagte lebte mit seiner Tochter in einer Doppelhaushälfte, seine Lebensgefährtin und deren Sohn in der anderen Hälfte. Die Lebensgefährtin hatte eine Arbeitskollegin mit ihren zwei Söhnen zu Gast. Alle Bewohner des Doppelhauses nutzten den Internetanschluss des Beklagten. Ein Sohn der Arbeitskollegin lud das Spiel „Saints Row 3“ in einer Tauschbörse hoch und bot es öffentlich zum Download an. Daraufhin mahnte die Rechteinhaberin den Beklagten ab.

Dieser unterzeichnete eine strafbewehrte Unterlassungserklärung und teilte gleichzeitig mit, dass er selbst den Upload nicht vorgenommen habe. Er gab die Identität des Täters jedoch nicht preis.
Die Klägerin machte Schadenersatz und Abmahnkosten gerichtlich geltend. Im Verfahren vor dem Amtsgericht legte der Beklagte offen, wer die Datei hochgeladen hatte. Daraufhin stellte die Klägerin ihre Klage um und begehrte vom Beklagten Schadenersatz aus § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Denn nach ihrer Auffassung hätte er die Identität des Täters schon im vorgerichtlichen Verfahren preisgeben müssen, um ihr die Kosten des Verfahrens zu ersparen.
Sekundäre Darlegungslast im Filesharing-Prozess
Beim Filesharing gelten die Grundsätze der sekundären Darlegungslast. Der Geschädigte hat es regelmäßig schwer, den wahren Täter zu ermitteln, denn er kann sich zunächst nur an den Anschlussinhaber halten. Wenn dieser seine Täterschaft nicht spätestens im gerichtlichen Verfahren bestreitet, gilt er als Verantwortlicher und haftet. Wenn der Anschlussinhaber dagegen im Prozess den Namen des Täters nennt, genügt er seiner sekundären Darlegungslast, sodass die Klage gegen ihn abzuweisen ist. Dann muss der Geschädigte die Kosten des Verfahrens tragen und sodann ein weiteres Verfahren gegen den Täter anstrengen. Bislang war noch nicht höchstrichterlich entschieden, ob eine generelle Pflicht des Abgemahnten zur Auskunfterteilung bereits vorprozessual besteht. Diese Frage hat der BGH im Revisionsverfahren nun verneint (Urteil vom 17.12.2020 zu Az.: I ZR 228/19).
Eine solche Auskunftspflicht ergibt sich nach Ansicht des Senats weder aus dem geschlossenen Unterlassungsvertrag noch aus einer sonstigen Sonderverbindung zwischen den Parteien. Denn durch den Unterlassungsvertrag habe sich der Beklagte nur zu rechtskonformem Verhalten verpflichten, aber keine weiteren Bindungen eingehen wollen. Eine Sonderverbindung, aus der sich eine Auskunftspflicht herleiten könnte, ergebe sich auch nicht schon daraus, dass der Beklagte eine unberechtigte Abmahnung der Klägerin erhalten habe. Schließlich nimmt der BGH keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung an, weil gerade keine allgemeine Pflicht zur Auskunfterteilung schon vor dem Prozess bestehe. Der Gesetzgeber habe bewusst keine Auskunftspflicht des Anschlussinhabers geschaffen und dabei auch Kostennachteile für den Geschädigten in Kauf genommen.