BGH: Widerrufsbelehrung ohne Zwischenüberschriften weicht vom amtlichen Muster ab

Vor dem BGH stritten die Parteien eines Verbraucherdarlehensvertrages um die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung. Der Kläger hatte für den Autokauf im August 2014 ein Darlehen bei einer Bank aufgenommen. Diese verwendete eine Widerrufsbelehrung, die inhaltlich dem amtlichen Muster entsprach, in der aber folgende Zwischenüberschriften fehlten:

„Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ und „Einwendungen bei verbundenen Verträgen“.

Im August 2017 widerrief der Kläger den Darlehensvertrag, die Beklagte betrachtete die Widerrufserklärung als verfristet, da sie den Kläger im Jahr 2014 ordnungsgemäß belehrt habe. Das OLG Stuttgart als Berufungsinstanz sah die Widerrufsbelehrung als fehlerfrei an, der BGH kam jedoch zu einem anderen Ergebnis (Urteil vom 10.11.2020, Az.: XI ZR 426/19).

Die Gesetzlichkeitsfiktion nach Art. 247 EGBGB

Seit 2010 stellt der Gesetzgeber Kreditinstituten im EGBGB ein Muster zur Verfügung, das sich im Anhang in der Anlage 7 findet. Wenn ein Kreditgeber diese Vorlage für seine Widerrufsbelehrung verwendet, wird zu seinen Gunsten angenommen, dass die Belehrung richtig ist und die Widerrufsfrist nach Erhalt des Formulars zu laufen beginnt (Art. 247 § 6 Absatz 2 Satz 3 EGBGB). Zahlreiche Banken haben die Mustervorlage bereits als Orientierungshilfe verwendet, aber teilweise das Layout oder einzelne Textpassagen abgeändert. Immer wieder wird gerichtlich darum gestritten, ob die Verwender sich trotz geringer Änderungen auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen können.

Fehlende Zwischenüberschriften sind kein bloßes Redaktionsversehen

Im vorliegenden Fall enthielt der Kreditvertrag einen Kaskadenverweis auf „alle Pflichtangaben nach § 492 II BGB“. Diese in der alten Gesetzesfassung vorgesehene Klausel, die von nahezu jedem deutschen Kreditinstitut verwendet wurde, hat der EuGH in einem Urteil vom 26.03.2020 als „nicht klar und verständlich“ eingestuft. Demnach war die Belehrung nach Ansicht des BGH fehlerhaft, und es kam auf die Frage an, ob sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen durfte. Der Senat lehnte dies ab, weil die fehlenden Unterüberschriften in den Gestaltungshinweisen zu Anlage 7 für verbundene Verträge gemäß § 358 BGB zwingend vorgeschrieben sind. Die Abweichung vom Muster sei unschwer zu erkennen, und bei der Auslassung handele sich nicht nur um ein redaktionelles Versehen.

Diese Entscheidung kann weitreichende Konsequenzen für zahlreiche Verbraucherdarlehensverträge der Vergangenheit haben. Denn die fehlerhafte Widerrufsbelehrung führt dazu, dass Kreditnehmer ihre Verträge auch nach Jahren noch widerrufen können.