BGH-Urteil vom 16. Mai 2017 zur Speicherung von IP-Adressen

Der Kläger ist ein Abgeordneter, der allgemein zugängliche Internetseiten des Bundes besucht hatte. Auf diesen wurden die Zugriffe in Protokolldateien festgehalten und über die Dauer des Besuchs hinaus gespeichert, und zwar mit Datum und Uhrzeit, Adresse der Unterseite und IP-Adresse des Nutzers. Der Kläger klagte gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Unterlassung der Speicherung seiner IP-Adresse über den Zeitpunkt der Seitennutzung hinaus.
Das Amtsgericht Tiergarten wies die Klage ab, das Landgericht Berlin als Berufungsinstanz sah einen Unterlassungsanspruch nur teilweise als gegeben an. Im Revisionsverfahren hatte sich der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit dem Fall zu befassen und setzte die Entscheidung aus, um den Europäischen Gerichtshof zwei Fragen zur Richtlinienauslegung klären zu lassen. Nach der dortigen Beurteilung hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurück verwiesen (Urteil vom 16.05.2017, Az.: VI ZR 135/13).

Sind IP-Adressen personenbezogene Daten?

Zunächst ging es um die Frage, ob IP-Adressen personenbezogene Daten sind, die den Schutzbestimmungen des Telemediengesetzes und des Bundesdatenschutzgesetzes unterfallen. Diese Frage bejahten der Europäische Gerichtshof und der Bundesgerichtshof. Zwar lässt sich aus der Ziffernkombination, die für jede Einwahl neu vergeben wird, nicht direkt der Nutzer ermitteln, aber es besteht die Möglichkeit, den Computer zuzuordnen. So ergibt sich die „Bestimmbarkeit“ des Benutzers, die nach Ansicht des Senats ausreicht, um den Schutz als personenbezogenes Datum zu begründen. Damit ist die Datenspeicherung grundsätzlich nur zulässig, wenn sie zur Inanspruchnahme des Onlineangebots erforderlich ist oder der Nutzer eingewilligt hat. Bei kostenlosen Informationsangeboten wie denen der Beklagten ist aber die Erforderlichkeit einer Speicherung nach Verlassen der Seite nicht ohne Weiteres ersichtlich.

Datenspeicherung nur nach Abwägung zulässig

Die beklagte Bundesrepublik Deutschland berief sich jedoch darauf, dass die Datenspeicherung zum Schutz vor Angriffen auf ihre Seiten geboten sei und bei Attacken gegen ihr Onlineangebot die Strafverfolgung ermögliche. Der Senat führte aus, dass ein Anbieter von Telemediendiensten in bestimmten Fällen personenbezogene Daten auch ohne Einwilligung der Besucher speichern darf, sofern seine Interessen im Rahmen einer Abwägung Vorrang vor den Grundrechten der Nutzer genießen. Vorliegend konnte der Bundesgerichtshof aus den Feststellungen des Berufungsgerichts noch keine abschließende Entscheidung treffen. Denn die Beklagte müsste detailliert vorbringen, welche Gefahren für ihre Internetseiten tatsächlich bestehen, und ob deshalb die Datenspeicherung für die Funktionsfähigkeit der Seiten erforderlich sein könnte.
Nun hat das Landgericht Berlin die offenen Fragen zu klären und den Fall erneut zu entscheiden.