OLG Frankfurt/Main zum öffentlichen Zugänglichmachen gelöschter Fotos, die noch auf dem Server gespeichert sind

Das OLG Frankfurt a. M. befasste sich mit der Thematik gelöschter Bilder im Internet, die über die manuelle Eingabe der Bild-URL trotzdem noch abrufbar sind. Entgegen der Auffassung des Berliner Kammergerichts (Urteil vom 29.7.2019, Az.: 24 U 143/18) entschied das OLG Frankfurt, dass hierin kein öffentliches Zugänglichmachen und demnach kein Verstoß gegen § 19 a UrhG oder eine vertragliche Unterlassungspflicht liegt.

Zum Sachverhalt:

Ein Verkäufer hatte auf eBay drei Bilder eines Berufsfotografen zur Bewerbung seiner Angebote verwendet. Der Fotograf mahnte den Händler ab und erwirkte von ihm die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Daraufhin wandte sich der Verkäufer an eBay und bat um die Entfernung der Bilder. Diese verblieben jedoch auf dem Server und waren nach Eingabe der Bild-URL, die aus 70 Zeichen bestand, weiterhin abrufbar. Auf einen Hinweis des Fotografen schrieb der Hänlder eBay erneut an und bat auch um die Löschung des Bildmaterials vom Server.
Der Fotograf klagte vor dem Landgericht Frankfurt auf Unterlassung und Zahlung einer Vertragsstrafe für den Zeitraum bis zur endgültigen Entfernung des Bildmaterials. Das Landgericht betrachtete die Ansprüche als verjährt und wies die Klage ab. Im Berufungsverfahren erkannte das OLG die geltend gemachten Ansprüche dem Grunde nach nicht an (Urteil vom 16.06.2020, Az.: 11 U 46/19).

Öffentliches Zugänglichmachen erfordert einen größeren Adressatenkreis

Nach den Ausführungen des Senats setzt das „öffentliche Zugänglichmachen“ voraus, dass ein urheberrechtlich geschütztes Werk der Öffentlichkeit sichtbar gemacht wird. Der Begriff der Öffentlichkeit verlange dabei einen größeren Personenkreis, nach der Definition des EuGH „recht viele Personen“. Wenn aber ein Lichtbild nur durch die manuelle Eingabe einer vielstelligen URL abgerufen werden könne, beschränke sich der Adressatenkreis praktisch auf diejenigen Personen, die sich vor der Löschung des Fotos bereits eine Kopie der Bild-URL gespeichert hätten. Somit hätten nicht „recht viele Personen“ Zugriff auf die Bilder, sondern allenfalls ein kleiner Kreis. Der Senat trägt mit dieser Entscheidung auch dem Umstand Rechnung, dass der Beklagte aus seiner Sicht alles unternommen hatte, um die Löschung der Bilder zu erreichen. Ihm war nicht bewusst, dass die Fotos weiter unter der URL zu finden waren, und er durfte sich nach seiner Mitteilung an eBay auf eine vollständige Entfernung verlassen.
Da die Obergerichte diese Fallkonstellationen uneinheitlich beurteilen, hat der Senat die Revision zum BGH zugelassen.