EuGH schiebt überteuerten 0180-Service-Hotlines Riegel vor

Wie der EUGH in seinem Urteil vom 2. März 2017 entschieden hat, dürfen die mit Kunden-Hotlines verbundenen Telefonkosten nicht höher ausfallen als Anrufe ortsgebundener Festnetznummern oder Mobilfunknummern (Az. C 568/15).

Zu dieser mit Blick auf das Telekommunikationsrecht höchst praxisrelevanten Entscheidung führte eine Frage, die dem EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vom LG Stuttgart vorgelegt worden war. Der Technikartikelvertreiber comtech war von der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e. V. verklagt worden, da comtech für Kundenfragen nach Vertragsabschluss eine Servicenummer unter der (geografisch nicht gebundenen) Vorwahl 0180 angeboten hatte, die mit 0,14 Euro/Minute aus dem Festnetz bzw. 0,42 Euro/Minute aus dem Mobilfunknetz teurer war als vergleichbare Anrufe geografischer Festnetznummern oder Mobilfunknummern.

Nach § 312a BGB ist in Verbraucherverträgen die Vereinbarung solcher Servicenummern unwirksam, wenn „das vereinbarte Entgelt das Entgelt für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes übersteigt.“ Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts schließe dies allerdings nicht aus, dass das Unternehmen teurere 0180-Servicenummern anbiete, soweit es selbst dadurch keinen Gewinn erziele. Die dieser Regelung zugrundeliegende europarechtliche Norm war ebenfalls auszulegen. Nach dem Wortlaut von Art. 21 der Verbraucherschutz-Richtlinie 2011/83 sind Verbraucher im Falle von Service-Hotlines nicht verpflichtet, „bei einer telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Unternehmer mehr als den Grundtarif zu zahlen.“ Bei dem Begriff „Grundtarif“ stellte sich den Stuttgarter Richtern die Frage, ob dies ebenfalls erhöhte „0180“-Tarife oder nur für „gewöhnliche“ Anrufe geltende Tarife einschließt.

Die Luxemburger Richter stellten klar, dass sich aus mehreren Bestimmungen der Richtlinie und der Forderung nach einem hohen Verbraucherschutzniveau ergebe, dass der Begriff „Grundtarif“ den „üblichen Tarif für ein Telefongespräch ohne zusätzliche Kosten“ meine. Erhöhte Tarife könnten die Verbraucher abhalten, ihre Rechte, etwa bezüglich Gewährleistung und Widerruf geltend zu machen. Sofern im Ergebnis die Kosten eines Telefonats an eine gewöhnliche geografische Festnetznummer oder Mobilnetznummer nicht überschritten würden, sei es auch unerheblich, ob das Unternehmen mit der Service-Nummer Gewinne erwirtschafte.

Da deutsche Gerichte künftig bei vergleichbaren Sachverhalten zum Telekommunikationsrecht auf diese Entscheidung Bezug nehmen werden, sind Service-Rufnummern anbietende Gesellschaften nunmehr gefordert, die „gewöhnlichen“ Festnetz- oder Mobilfunktarife nicht zu überschreiten, um der Gefahr von Abmahnungen oder Klagen durch Verbraucherschutzverbände oder Mitbewerber frühzeitig zu begegnen.